Die bereits vor Jahren kastrierte Hündin wird einem Tierarzt vorgestellt. Plötzlich hat sie geschwollene Zitzen und die Vulva, also das weibliche Geschlechtsorgan, ist auf einmal viel dicker als sonst. Es sieht fast so aus, als wäre die Hündin läufig – doch das kann nicht sein! Schließlich wurden ihre Eierstöcke vor langer Zeit entfernt. Das Rätselraten beginnt. Was ist hier los?

„Die Antwort ist gleichzeitig banal und spektakulär“, erklärt Frau Dr. Tina Hölscher, Tierärztin bei aktion tier e. V. „Die Tierbesitzerin hat topische Präparate gegen ihre durch die Wechseljahre ausgelösten Beschwerden verwendet, und davon hat die Hündin über körperlichen Kontakt etwas abbekommen.“

Unter topischen Medikamenten versteht man Arzneimittel, die äußerlich angewendet werden. Es kann sich hierbei um Salben, Sprays oder Cremes handeln. Sie enthalten in diesem Fall Hormone, die über die Haut aufgenommen werden und im Anschluss im gesamten Körper wirken. 

Werden diese Wirkstoffe zum Beispiel auf die Unterarme aufgetragen, bleiben immer Reste auf der Oberfläche zurück. Beim Streicheln, Kuscheln und Umhertragen werden sie auf das Haustier übertragen. Je inniger der Kontakt ist, umso mehr Inhaltsstoffe nimmt der Vierbeiner auf. Wird beispielsweise in einem Bett geschlafen, bekommt der Hausgenosse besonders viel Hormone ab.

Katzen betreffend kommt ein weiterer Aspekt hinzu: Bei der von dieser Tierart intensiv betriebenen Fellpflege wird das Arzneimittel vom Stubentiger zusätzlich von den Haaren abgeleckt und neben der Resorption über die Haut auch über das Maul aufgenommen und verschluckt. Zu guter Letzt ist außerdem eine indirekte Übertragung durch Textilien wie Handtücher oder Schlafdecken von Menschen zu Tieren denkbar.

„Welche Symptome genau auftreten, hängt vom Geschlecht des Tieres und vom verwendeten Präparat ab“, so Dr. Hölscher. „Es ist von Fellveränderungen, aggressivem Verhalten, verkleinertem Penis, Unsauberkeit und Rolligkeitsanzeichen alles möglich“, zählt sie nur einen Bruchteil möglicher Erscheinungsformen auf. Besonders wenn Welpen betroffen sind, sind die Folgen der versehentlichen Arzneistoffübertragung dramatisch und unter Umständen unumkehrbar.

Tierbesitzerinnen, die derartige Medikamente einnehmen, sollten sich mit ihrer Frauenärztin in Verbindung setzen und erörtern, wie eine Übertragung vermieden werden kann. Womöglich kann diese eine Alternative zur topischen Verabreichung finden.

Weitere Infos bei:

Dr. med. vet. Tina Hölscher
Tierärztin bei aktion tier – menschen für tiere e.V.
Mobil: +49 177 245 11 98
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